Lebhafte Jahrestagung in Südlohn
Junge Historiker regten mit ihren Referaten die rund 30 Teilnehmer der Jahrestagung am 21. September 2013 in Südlohn zur Diskussion an.
Die Tagung, zu der der Vorsitzende im Haus Wilmers begrüßte, stand unter dem Thema „Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Westmünsterland“. Nachdem die Gesellschaft für historische Landeskunde in diesem Frühjahr mit dem umfangreichen 4. Band ihrer Schriftenreihe „Geschichte im Westmünsterland“ bereits grundlegende Studien zur Geschichte der Textilindustrie im Westmünsterland vorgelegt hatte, wurden auf dieser Tagung in vier Vorträgen Ergebnisse von Untersuchungen zu anderen Themen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte vorgestellt. Dabei lag der Schwerpunkt auf Entwicklungen seit dem späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Die Orte Gescher, Südlohn, Bocholt und Ahaus standen im Fokus der Vorträge.
Zunächst behandelte Andreas Osterkamp aus Gescher das Thema „Textilindustrialisierung und sozialer Wandel: Gescher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“. Während die Industrialisierung zu Beginn vornehmlich die größeren Städte der Region erfasste, entstanden wenige Jahre später zunehmend auch in kleineren Orten mechanische Webereien, so z.B. in Stadtlohn, Steinfurt oder im hier untersuchten Gescher. Im Vortrag wurden die sozialen Auswirkungen dieser Entwicklung auf das dörfliche Leben in Gescher dargestellt.
Thomas Erwig aus Erle untersuchte mit dem Vortrag „Südlohn im Wandel: Textilindustrie, Daseinsfürsorge und Infrastruktur in den Jahren 1880-1914“ in einem ähnlichen Ansatz die Entwicklung seines Heimatortes in der Gründerzeit, wobei Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Nachbargemeinde Gescher erkennbar wurden.
Dr. Thomas Mayer aus Bocholt beschäftigte sich mit einem Industriepionier der Nachkriegszeit, dem Bocholter Maschinenbau-Fabrikanten Herbert Olbrich, der als mittelloser Flüchtling aus kleinsten Anfängen heraus ein international operierendes Unternehmen aufbaute. Sein Thema lautet: „Herbert Olbrich (1901-1965). Charismatisch-paternale oder technologie-orientierte Unternehmerpersönlichkeit?“
Als letzte Referentin stellte Claudia Geschermann aus Ahaus die Ergebnisse ihrer Untersuchung eines aktuellen Problems vor: „‘Parallelgesellschaft’ oder Integration? Türkische ‘Gastarbeiter’ in Ahaus“. Der Vortrag behandelte am Beispiel der Stadt Ahaus die Migration türkischer „Gastarbeiter“ und ihrer Familien, die im Rahmen der Anwerbepolitik der Bundesrepublik nach Deutschland kamen. Die Frage nach der weiteren Entwicklung – entweder in eine „Parallelgesellschaft“ oder hin zur gesellschaftlichen Integration wurde vorsichtig beantwortet: Für beide Entwicklungen gebe es Anzeichen, die Integration stehe aber im Vordergrund der Bemühungen und scheint zu gelingen.
Text+Fotos: Bruno Wolf, Ahaus.
Die vier Vorträge sind dokumentiert in dem Band „Streifzüge durch die Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Westmünsterlandes“. Hg. von Ingeborg Höting, Ludger Kremer und Timothy Sodmann. Vreden/Bredevoort 2013 (=Geschichte im Westmünsterland, Bd.5) – ISBN: 9783933377210. Der Band ist zu beziehen bei der Gesellschaft dirket oder über den Buchhandel. Preis: 22,– Euro.
Der Vorsitzende Prof. Dr. Ludger Kremer – nur momentan ernst – begrüßt die Gäste.
Andreas Osterkamp (Gescher) sprach über das Thema „Industrialsierung und sozialer Wandel” in Gescher zum Ende des 19. Jahrhunderts.
Thomas Erwig (Raesfeld-Erle) referierte über „Südlohn im Wandel (1880-1914)”.
Die Besucher der Veranstaltung konnten viel Neues und Spannendes aus der Geschichte der Region erfahren.
Dr. Thomas Mayer (Bocholt) sprach über den Bocholter Unternehmer Herbert Olbrich als „charismatisch-paternale” Persönlichkeit.
Claudia Geschermann (Ahaus) referierte über türkische ‘Gastarbeiter’ in Ahaus.