Die Grenze im Blickpunkt
Vortrag von Dr. Andreas Einck über die deutsch-niederländische Grenze
Vortrag von Dr. Andreas Einck über die deutsch-niederländische Grenze
Grenzen allgemein, besonders aber die deutsch-niederländische Grenze im Bereich des Ems- und des Münsterlandes im Blick hatte der Leiter des Emslandmuseums Lingen Dr. Andreas Eyinck bei seinem Vortrag bei der GhL am 10. Oktober 2007 im Haus Wilmers in Südlohn.
Nach der Begrüßung durch die stellvertretende Vorsitzende Ingeborg Höting legte der Referent dar, wie und warum Grenzen entstehen, sich allmählich verfestigen, gemäß den politischen Verhältnissen evtl. geändert werden, in jedem Fall aber das Leben der Anwohner nachhaltig beeinflussen. Seine Ausführungen mündeten in dem Wunsch, dass die Menschen zu friedlichem Miteinander die Grenzen überwinden möchten, wie es im Zuge der europäischen Einigung an der deutsch-niederländischen Grenze weitgehend gelungen sei.
Siehe auch den ausführlichen Pressebericht unten.
Dr. Andreas Eyinck, Leiter des Emsland-Museums Lingen.
Südlohn – Das Leben links und rechts der deutsch-niederländischen Grenze der vergangenen Jahrhunderte stellte der Historiker Dr. Andreas Eyinck, Leiter des Emslandmuseums in Lingen, auf Einladung der Gesellschaft für historische Landeskunde des westlichen Münsterlands am Mittwoch im Haus Wilmers vor.
Nach seinen Forschungen wurde die deutsch-niederländische Grenze erst durch die Burloer Konvention von 1765 richtig greifbar. Grenzsteine mit der Jahreszahl 1766 kündeten noch heute davon. Immer ziere sie eine Zahl als Durchnummerierung, das bischöfliche Wappen von Münster und das Gelderländische Wappen. Mitten in Oldenkott stehe ein solcher Grenzstein, der Vitus-Stein in Südlohn sei ebenso bekannt.
Grenze seit 1815
1815 im Wiener Kongress wurde die deutsch-niederländische Grenze festgelegt. Bis zum Ersten Weltkrieg war diese Grenze relativ offen. Deutsche Bauern hatten so genannte Traktatgebiete auf niederländischer Seite. Ohne Probleme konnten sie dort ihre Felder bestellen.
Die Not führte im Ersten Weltkrieg zur Einführung von Passierscheinen und zur Anlage fester Grenzübergänge. Ohne Ausweis oder Passierschein war kein Grenzübertritt mehr möglich. Schon bald blühte der Schmuggel auf. Ehemalige Soldaten kontrollierten die Grenzgänger, von denen viele zur Arbeit in die Textilfabriken ins Münsterland strömten.
Suderwick als Gemeinde direkt auf der Grenze wurde durch Stacheldraht zur geteilten Stadt. Zwischen den Weltkriegen lockerte sich der Grenzverkehr wieder. Ab 1933 aber wurde der Waren- und Devisenverkehr eingeschränkt. Zölle nach dem Vereinszollgesetz von 1890 wurden bis 1939 erhoben und stetig erhöht.
Schmugglergeschichten kursierten noch heute in den Familien des Grenzgebietes, so Eyinck. Er wies auf eine münsterländische Weisheit hin: Schmuggeln sei keine Sünde und müsse nicht gebeichtet werden…
Tauziehen nach 1945
Nach 1945 begann ein Tauziehen der niederländischen Regierung um die Annektion deutscher Gebiete als Wiedergutmachung. Erst 1963 wurde durch die Rückgabe der wenigen annektierten Gebiete der Normalzustand von 1815 wieder hergestellt. 1958 wurde die grenzübergreifende Euregio gegründet. Ein reger Austausch lasse heute die Grenze vergessen, wäre da nicht die andere Sprache, die Medienlandschaft und die anderen Gesetze, schloss Eyinck mit einem positiven Blick über die Grenze. – emk
Quelle: Münsterland Zeitung (Südlohn) | Freitag, 12. Oktober 2007