Klassizismus im Westmünsterland
Baugeschichtliches Seminar mit Dr. Ulrich Reinke und 12 Teilnehmern
Baugeschichtliches Seminar mit Dr. Ulrich Reinke und 12 Teilnehmern
Ein weiteres kunst- und baugeschichtliches Seminar mit Dr. Ulrich Reinke fand am 11. Mai 2019 statt. Thema war der Klassizismus. Wie immer dienten dem Referenten – bis zu seinem Ruhestand 2013 wissenschaftlicher Referent bei der LWL-Denkmalpflege in Münster – Kirchen- und Profanbauten als Beipiele für die oft wenig bekannten Kunst- und Kulturschätze im Westmünsterland.
1. Station: Südlohn-Oeding
Das Seminar begann mit 12 Teilnehmern an der ev. Johanneskirche in Oeding. Diese wurde 1824/25 aus Spenden und Eigenmitteln der kleinen reformierten Gemeinde erbaut. Leider sind aber die Baupläne nicht mehr erhalten, weil – wie Dr. Reinke erklärte – der Bau vollendet wurde. (Nur die bei der Regierung zur Genehmigung eingereichten Pläne nicht erbauter Kirchen wurden archiviert …)
Die kleine Kirche trägt einen zeittypischen Dachreiter, der allerdings dringend restauriert werden muss. Im Innern beeindruckt die klare, einfache Raumgestaltung mit dem leicht gelblich gebrochenen Weiß der Wände und den hellen Fenstern.
2. Station: Südlohn
Ein Abstecher zum Haus Lohn in Südlohn führte nicht nur zum Tor dieses sehr gut erhaltenen herrschaftlichen Anwesens, das 1984 in die Denkmalliste aufgenommen wurde. Eindrucksvoll ist nicht nur das große Wappen über der Haustür, sondern auch die streng symmetrisch gegliederte Fassade insgesamt.
Vor der Treppe zum Eingang an der Frontseite stehend wurde die Gruppe von der Hausherrin willkommen geheißen und ins Haus gebeten. So bekam man auch einen lebendigen Eindruck vom hohen, lichtdurchfluteten Wohnzimmer mit Kamin. Frau Geuking erzählte auch ein wenig von den Mühen, das große Haus zu unterhalten (Beispiel: Blendläden) und zu beheizen (bei einer Raumhöhe von fast 4 Metern) und das große Park- und Nutzgelände samt Gräfte in Ordnung zu halten. Die Teilnehmer waren ebenso wie Dr. Reinke sehr dankbar für diese großzügige Einladung.
3. Station: Stadtlohn
Dr. Reinke erklärte das Haus Hakenfort in der Dufkampstraße von außen wie von innen ausführlich. Im Inneren sind die Raumaufteilung und viele Ausstattungselemente wie Türen, z.T. mit ovalem Glasfenster, Blindtüren zur Wahrung der Symmetrie (die Symmetrie prägt auch die Außenfassade), Türgriffe, rundlaufende Treppe mit speziell angepassten Stufen und Geländer und dies alles in vorbildlicher handwerklicher Ausführung erhalten. Auch der nicht für ein „vornehmes Wohnen“, sondern für die tägliche praktische Arbeit eines Haushalts gestaltete Küchenbereich mit großem gekachelten Kamin und Ausgang nach draußen zum hinteren Grundstücksteil wurde gezeigt. So bekam die Gruppe auch einen Eindruck von den selten zugänglichen Räumen.
Ein weiteres klassizistisches Gebäude auf derselben Straße (heute Architektenbüro Steverding) wurde der Gruppe von außen gezeigt (streng symmetrische Fassadengestaltung, Vorgarten (Luxus in der Stadt), mehrere Stufen bis zum Eingang, wohlgestaltete Eingangstür mit Laternenelement, das Licht nach außen wie nach innen scheinen ließ; zurückspringendes Dach über aufwändigem Gesims; an der Seitenwand Blindfenster, um nur einige Beispiele zu nennen.
Beim abschließenden Kaffeetrinken zeigte Dr. Reinke zeittypische Gegenstände aus seinem Privatbesitz (Dröppelminna für das Kaffeetrinken, kleines Standkreuz aus Eisen, mehrere Taschenuhren mit Ständern, Blumenvase aus rotem Überfangglas, bemalte Porzellanvase, mit individuellem Buntpapier von Hand eingebundene Bücher.
Die Veranstaltung war ein weiteres Beispiel für die kenntnisreiche Vielfalt und immer wieder verblüffende Anschaulichkeit dieser Seminarreihe.
Nächstes Jahr soll die Reihe fortgesetzt werden mit der Stilepoche der Neugotik, und zwar vermutlich in Gronau. BF
Die kleine Johanneskirche in Oeding von 1824/25. (Foto: GhL)
Der Dachreiter auf der Johanneskirche. (Foto: GhL)
Haus Lohn am Rande von Südlohn (Kreis Borken). Der Herrensitzwurde 1357 erstmals erwähnt. Er war Stammsitz einer Nebenlinie des einflussreichen Geschlechtes der Grafen von Lohn (vgl. http://www.heimatverein-suedlohn.de/). (Foto: GhL)
Weitere Bilder finden Sie bei Wikipedia:
Von © Günter Seggebäing, CC BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0, Link
Der ursprüngliche Haupteingang mit herrschaftlicher Treppe und Wappen über dem Türbogen. (Foto: GhL)