23. August 2006
Anregender Vortrag von Prof. Dr. Arnold Angenendt
140 Zuhörer bei Führung und Vortrag im Stift Asbeck
Zu einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Arnold Angenendt, dem allseits bekannten Kirchenhistoriker der Universität Münster, über „Die Geburt des Münsterlandes“ hatte die Gesellschaft für historische Landeskunde des Westmünsterlandes ihre Mitglieder und weitere Interessenten am 23. August 2006 um 19:30 Uhr ins Dormitorium des Stiftes Asbeck (Legden-Asbeck) eingeladen.
Dass das Thema des Vortrags auch nach Ablauf des Liudger-Jahres 2005 mit dem 1000-jährigen Jubiläum des Bistums Münster immer noch aktuell ist, machte Professor Angenendt nach der Begrüßung durch die stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft Ingeborg Höting den rund 140 Zuhörern schnell klar. In engagierter Rede, gespickt mit manch launiger Bemerkung, zeigte er auf, dass unsere Gegend in der Antike und während der Dauer des Römischen Reiches nicht nur äußerst dünn besiedelt, sondern auch wenig, wenn nicht gar nicht zivilisiert war, waren doch Menschenopfer in See und Moor durchaus üblich und das gesellschaftliche Leben vom Recht des Stärkeren bestimmt.
Für die wenigen Bewohner hatte das Römerreich eine gewisse Strahl- und Anziehungskraft, sodass die Römer sich gegen Einwanderung am Rhein mit einer Anzahl Militärlager zur Wehr setzen mussten. Christliche Einflüsse blieben auf die römischen Städte und Lager am Rhein begrenzt. Die Zivilisation des Römerreiches wurde maßgeblich gestört, als das weströmische Reich zusammenbrach und die Geschlossenheit und staatliche Ordnung durch die in das Reich strömenden Germanen verloren ging. An diesem Zustand änderte auch die schwache Herrschaft der Merowinger Könige nichts. Erst die sie ablösenden Karolinger können die Macht festigen und vor allem die immense Bedrohung Europas durch den über Spanien nach Südfrankreich vordringenden Islam abwenden. Sie adaptieren das Christentum und bauen auf seiner Grundlage ein europäisches Großreich auf. Dazu gehört auch die Unterwerfung und Christianisierung des Raumes östlich des Rheins und nördlich der Lippe, also des Sachsenlandes.
Die Christianisierung ist im Allgemeinen mit Gewalt und Zwangsmission verbunden und eigentlich unmenschlich. Heute wird allerdings häufig übersehen, dass das Ende der Sachsenkriege durch einen echten Verhandlungsfrieden zwischen Karl dem Großen und Widukind erreicht worden ist und dass auch das Verbot heidnischer Gebräuche vor allem das Verbot der Menschenopfer, zwar mit harten Strafen – oft der Todesstrafe – durchgesetzt werden sollte, dass sich Leben aus dem christlichen Glauben aber erst in einem langen Prozess entwickelte.
Hierbei waren nun die christlichen Missionare besonders wichtig, weil sie stützpunktartig –Kirchen – oft primitive Holzkirchen – erbauten bzw. erbauen ließen, die Kernzellen von an christlichen Vorstellungen orientiertem gesellschaftlichen Leben und Grundlage für Dörfer und später auch Städte wurden. Auch die Gründung von Klöstern und Stiften trug wesentlich zur Festigung des Glaubens bei. Vor allem die Frauenklöster haben hierbei – so Angenendt – durch Vorbild und Erziehung mitgewirkt.
Soweit durch Bischof Liudger die Christianisierung in Münster für unseren Raum ihr Zentrum und in den von ihm gegründeten Kirchen ihre Basis erhielt, kann von einer Geburt des Münsterlandes gesprochen werden, wenn dies gerade geborene Kind auch lange gebraucht hat, sich zu entwickeln und heranzureifen. BW
Prof. Angenendt hielt seinen Vortrag vor einer großen Zahl von Zuhörern. (Foto: B. Wolf, Ahaus)