Kunstgeschichtliches Seminar zum Barock in Gemen
Eine spannende Führung mit Dr. Ulrich Reinke mit Dr. Ulrich Reinke (Münster)
Eine spannende Führung mit Dr. Ulrich Reinke mit Dr. Ulrich Reinke (Münster)
Auch in 2018 bot Dr. Ulrich Reinke wieder für die GhL ein Seminar zur Architektur- und Stilgeschichte des Westmünsterlandes an. Am 5. Mai traf sich eine kleine Schar Interessierter in der Gemener Freiheit zum Thema Barock.
Vergangenen Samstag fand in Gemen ein kunstgeschichtliches Seminar der Gesellschaft für historische Landeskunde des westlichen Münsterlandes e.V. (GhL) statt. Der bekannte Kunsthistoriker Dr. Ulrich Reinke (Münster) erklärte den Teilnehmern Bauwerke und Kunstwerke der Barockzeit (ca. 1600 bis 1800). Es sei ein Glücksfall für das Westmünsterland, so Dr. Reinke, dass Gemen in dieser Beziehung heute noch so viele anschauliche Beispiele zu bieten habe.
Die Führung begann in der Marienkirche, deren Altarraum im Mittelpunkt stand. Hier zeigte Dr. Reinke verschiedene Bezüge zwischen antiken Elementen, Theater-Architektur, christlicher Symbolik und handwerklicher Gestaltung des Hochaltars. Wichtig sei die Betrachter-Perspektive, der „Blick in den Himmel“ im Gegensatz zu den irdisch eichenen Sitzbänken. Schließlich sei diese Marienkirche auch eine Einladung an die Protestanten gewesen, weil die Darstellung der „Himmelfahrt Mariens“ fehle.
Dann ging es zur Burg, an deren Fassade die barocke Regelmäßigkeit und Strenge der Wandbemalung und der Fenstergestaltung deutlich wurde. Die Treppe zum Eingang im Innenhof wird flankiert von zwei Ball spielenden Löwen, die andeuten, wie die politischen Rollen nach Meinung der Burgherren verteilt waren. Außen wie innen erkennbar sind die baulichen Veränderungen von der wehrhaften zur repräsentativen Burg. Dafür stehen das auffällige Allianzwappen über dem Kamin und der prunkvolle Rittersaal mit praktischen – und teuren – Gobelins, die deshalb bei einem Umzug mitgenommen wurden…
Der Nachmittag war zunächst der Figur des hl. Nepumuk an der Marienkirche und dann der 1710 eingeweihten evangelischen Kirche gewidmet. Die bedeutenden Wappenfenster dienten nicht nur der bewussten Hereinnahme von Licht (wozu auch die Innenwände speziell gekalkt wurden), sondern auch der symbolischen Selbstdarstellung der verschiedenen Stifter. Nicht zuletzt sind die Kirchenbänke Ausdruck der gesellschaftlichen Ordnung, im Unterschied zur katholischen Marienkirche.
Es war wie immer bei den Führungen von Dr. Reinke ein Feuerwerk an Informationen über das, was dem flüchtigen Betrachter verborgen bleibt und für den kundigen Betrachter eine vielsagende Erzählung darstellt. BF
Die Seminargruppe vor der Jugendburg Gemen.