Orte der Lebenden und der Toten
Über die Bedeutung der Kirchhöfe in Dörfern und Städten seit dem Mittelalter
Über die Bedeutung der Kirchhöfe in Dörfern und Städten seit dem Mittelalter
Auf Einladung der Gesellschaft für historische Landeskunde des westlichen Münsterlandes sprach am 20. Oktober 2009 Prof. Dr. Werner Freitag (Universität Münster) anlässlich der Verleihung des Jugendgeschichtspreises in Legden zum Thema „Kirchhöfe – Orte der Lebenden und der Toten“.
In seinem Vortrag stellte er die unterschiedlichen Aufgaben der Dorfkirchhöfe vor und beleuchtete auch, wie die Kirche das „pralle Leben“ zugunsten der Frömmigkeit einzuschränken suchte.
Heute laden die Plätze rund um die Dorfkirchen im Münsterland zum beschaulichen Verweilen ein. An ihre ursprüngliche Aufgabe, den Verstorbenen der Pfarrei als Begräbnisplatz zu dienen, erinnern höchstens noch Grabsteine; der Friedhof außerhalb des Dorfes oder vor den Toren der Stadt hat diese Aufgabe übernommen.
In Mittelalter und Früher Neuzeit hingegen waren die Kirchhöfe Orte der Lebenden und der Toten: Man wollte damals in Kirchennähe begraben werden, weil die Gemeinde der Toten in Messfeier und Prozessionen rund um die Kirche gedachte. So konnte die Zeit im Fegefeuer verkürzt werden. Doch der Kirchhof war auch ein Ort des Alltags und des weltlichen Feierns, denn in den Streusiedlungsgebieten Westfalens wurde der Kirchhof von der Parochie als befestigter Ort und als Siedlungsreserve genutzt. In kleinen Häusern wohnten die Kirchenbedienten, die Dorfarmen, aber auch der Gastwirt.
Als am Beginn des 19. Jahrhunderts aus hygienischen Gründen neue Begräbnisstätten am Rande der Orte eingerichtet wurden, ging die kommunikative Bedeutung der Kirchhöfe zurück, bis sie schließlich ihre heutige Form und Funktion erhielten. BW
Prof. Freitag bei seinem Vortrag in Legden.